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Quartett "ohniflugi" und mit dem Solarbike die Welt erkunden

Das Quartett ohniflugi von Benno Frauchiger hat vor einiger Zeit meine Aufmerksamkeit geweckt. Als ich dann gesehen habe, dass ebenfalls ein Quartett für Zürich, Basel und Luzern in Planung ist, war ich begeistert.


Obwohl ich leidenschaftlich gerne Gesellschaftsspiele habe, war nicht das Spiel der Hauptgrund meiner Freude, sondern dass damit schweizweit bezüglich Fliegerei resp. Reisen ohne Flugzeug sensibilisiert wird.


Ich habe Benno Frauchiger angeschrieben und gefragt, ob er mir nicht einige Fragen zur Entstehung, zum Spiel selber etc. beantworten könnte. Es freute mich sehr, als er zusagte. Somit geht ein grosses Dankeschön an Benno, der sich die Zeit für das Interview genommen hat.

Wie kamst du auf die Idee, ein Quartett zu diesem Thema zu machen?

Das Quartett war eine Wahlkampf-Idee für die Nationalratswahlen 2019 mit einer langen Vorgeschichte :-).


Reisen ohne Flugzeug ist mir seit über 20 Jahren ein wichtiges Anliegen. Fliegen ist eine sehr inaktive und ignorante Form des Reisens. Ich vergleiche es immer ein bisschen mit U-Bahnfahren. Man steigt irgendwo ein und irgendwo aus, bekommt aber nichts vom Weg dazwischen mit. Ob man sich unter dem Boden oder über den Wolken bewegt, ist eigentlich dasselbe. Und: Flugreisen, wie wir sie kennen, lassen sich nicht ohne fossile Brennstoffe durchführen. Nachdem ich 1992/93 für ein Austauschjahr in Australien war und 1995/96 nochmals ein halbes Jahr in Australien verbrachte, war ich nahe daran, 1999 während den Semesterferien meine Gastfamilie auf ihrer Farm in Westaustralien nochmals zu besuchen. Drei Tage vor dem Abflug annullierte ich meinen Flug, entschuldigte mich. Ich fühlte mich nicht wohl mit der Idee, schon wieder 24 Stunden in ein Flugzeug zu sitzen, um dann 6 Wochen vor Ort auf einer Farm zu verbringen, um dann wieder 24 Stunden in ein Flugzeug zu sitzen und dabei eine Industrie zu unterstützen, welche eine Unmenge fossiler Brennstoffe verbrennt, um Leute sinnlos um die Welt zu schieben. Ich annullierte also den Flug und beschloss, von meiner Studenten-WG in Lausanne aus mit dem Fahrrad ans Mittelmeer zu fahren, neue Gegenden zu entdecken, aktiv zu sein, den Weg kennenzulernen. 4 Wochen war ich unterwegs. Dies waren meine schönsten Ferien, und seither träumte ich davon, eines Tages nach Australien zu radeln.

Zudem verzichtete ich seither grundsätzlich auf Flugreisen, ausser wenn es sehr gewichtige Gründe und keine praktikable Alternative gab. 2006/07 radelte ich dann tatsächlich nach Australien (www.levelorouge.ch) und reiste mit dem Frachtschiff zurück. Bei späteren Arbeitgebern bestand ich darauf, auch Geschäftsreisen jeweils mit der Bahn zu tätigen. Da ich auch privat auf Flugreisen verzichtete, war es gar nicht so schwierig, auch den Arbeitgeber zu überzeugen. Er bezahlte sogar das Hotelzimmer in Paris, wenn es von London am selben Abend nicht mehr zurück nach Bern reichte, oder ein Einzelabteil im Nachtzug nach Berlin oder Budapest. 2017/18 reiste ich mit dem Segelschiff im Rahmen der clipperroundtheworld.com-Regatte wiederum ohniflugi nach Australien.

Quartett "ohni Flugi" (Benno Frauchiger)

Auf der Suche nach einem Wahlkampfthema vor einem Jahr, kam im Zusammenhang mit der Klimastreikbewegung die Idee auf, eine Webseite mit „Benno’s Reisetipps ohne Flugzeug" zu gestalten. Schliesslich habe ich damit Erfahrung, und da ich schon zweimal ohne Flugzeug nach Australien reiste, fehlte es mir wohl auch nicht an Glaubwürdigkeit. Über die Idee, einzelne Reisen als Flyer an Standaktionen oder beim Bahnhof zu verteilen, entstand schnell die Idee eines ohniflugi-Quartetts mit 32 Reiseideen, und es war auch bald klar, dass ich das Projekt nicht nur für die Wahlen, sondern auch für darüber hinaus starte. Die erste Version des Quartetts war also eine Wahlkampagne. Die Deckskarte beinhaltete meine politischen Ziele, und auf der Rückseite war ein feiner Hinweis auf die Wahlen angebracht (siehe Foto).

Die Kampagne fand überparteilich viel Sympathie. Und weil mir nachhaltiges Reisen ohne Flugzeug weiterhin ein Anliegen ist, blieb ich trotz Wahlniederlage dabei, das Quartett weiterzuführen, und gab ein kleines Re-design in Auftrag, und startete damit letztes Jahr in Bern in den Weihnachtsverkauf.


Quinten ist als Ort im Quartett zu finden. Dieses Weindörfchen ist ja nicht sehr bekannt - wie hast du diese und auch die anderen Destinationen ausgewählt?

Nachhaltig Reisen heisst auch, nicht immer in die weitest entferntesten Destinationen zu reisen. Zwar ist es mein primäres Ziel, alternative Reisemöglichkeiten mit Zug und Schiff aufzuzeigen zu Destinationen wo wir üblicherweise mit dem Flugzeug hinfliegen. Aber die noch bessere Alternative sind Reisen in der Nähe. Also wollte ich unbedingt auch ein paar Destinationen in der Schweiz einbauen. Mürren war gesetzt, weil ich dort im Sommer 2018 eine Saison lang im Hotel Regina arbeitete, und die Betreiber des Hotels Teil meines Wahlkampfteams waren. Die restlichen Schweizer Destinationen mussten ebenfalls autofrei sein. Quinten wählte ich dann insbesondere auch, weil es wohl der einzige Ort in der Schweiz ist, der mit dem Schiff, aber nicht über eine Strasse zugänglich ist. Und die Schiffsdistanz ist ja ein wichtiger Teil des Spiels. Die übrigen Destinationen sind Destinationen, wo ich fast überall schon selber ohniflugi war, oder die touristisch als attraktiv gelten.

Welches Ziel verfolgst du mit dem Quartett?

Ich staune immer wieder, dass Leute erstaunt sind, wenn ich sage, dass ich für einen Skipperkurs auf Mallorca oder eine Radreise in Island nicht mit dem Flugzeug angereist bin. Viele Leute sind sich gar nicht bewusst, dass man wirklich fast überallhin ohne Flugzeug kommt, und der Aufwand sich oftmals in Grenzen hält. Man informiert sich gar nicht mehr über alternative Reisewege zum Flugzeug. Ich möchte den Leuten nicht sagen, sie sollen mit dem Schiff nach Teneriffa reisen. Aber ich will, dass sie wissen, dass dies möglich ist. Ich will, dass sie wissen, wie lange eine Reise ohniflugi zu Orten wie Tunis oder Oslo etwa dauert, und wie oft und wo man umsteigen muss. Und dies auch ohne, dass sie es selber aktiv nachschauen müssen. Und ich glaube, ein Quartett als Spiel ist sehr effektiv für eine solche Wissensvermittlung. Ironischerweise war mein Lieblingsquartett als Kind ein Flugzeugquartett. Weil ich dies unzählige Male mit meinem Bruder oder Freunden spielte, weiss ich noch heute, dass die Fluggipfelhöhe der Concorde etwa 18'500m war. Quartett-Informationen können sehr nachhaltig wirken. Warum also nicht nützliches, statt sinnloses Wissen über Quartetts verbreiten?:-)

Warum die Ausweitung auf Zürich, Basel und Luzern?

Wenn Du in Zürich wohnst, und jemand schenkt Dir ein Quartett mit Reiseverbindungen ab Bern, dann passt das irgendwie nicht. Zürich und Basel sind ausserdem die zwei grössten internationalen Eisenbahnhubs der Schweiz, von wo aus die besten Verbindungen bestehen. Luzern ist kein grosser Eisenbahnhub, hat aber als Tourismushauptstadt, mit dem Verkehrshaus und verschiedenen Weiterbildungsangeboten im Bereich öffentlicher Verkehr hoffentlich auch ein Publikum mit etwas Flair für Reisen mit Zug und Schiff.

Darf man im Bereich nachhaltiges Reisen/Reisen ohne Flugzeug mit weiteren Projekten deinerseits rechnen?

Im Moment steht klar das Quartett im Fokus. Ich habe mir aber natürlich auch schon Gedanken zu weiteren Produkten gemacht, um das Label zu einer breiteren Zielgruppe zu tragen und ohniflugi zu einem trendigen Lifestyle-Produkt zu machen, welches dann auch wirklich anregt, auf Flugreisen zu verzichten.

Und natürlich werde ich auch in Zukunft selbst weiterhin ohniflugi reisen. Die nächste grosse Tour wurde wegen Corona auf nächstes Jahr verschoben. Dann geht es hoffentlich mit dem Solar-E-Bike nach China…;-) (www.thesuntrip.com)

Das Quartett ist erhältlich auf der Homepage von Benno Frauchiger

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